Sinnliche Wahrnehmungsweisen technisch reproduzierter Stimmen: Zur Wechselwirkung von Materialitäten, Hörpraxen und eigenleiblichem Spüren

Research output: Chapter in book/report/conference proceedingConference contributionResearch

Authors

  • Miklas Thorben Schulz
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Details

Original languageGerman
Title of host publicationKomplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen
EditorsNicole Burzan
Place of PublicationGöttingen
Pages1-10
Volume39
Publication statusPublished - 31 Oct 2019
EventVerhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018 - Universität Göttingen, Germany
Duration: 24 Sept 201828 Sept 2018

Abstract

Viele Gegenstände sind bereits von der praxistheoretischen Wende erfasst und durch neue Lesarten dekonstruiert worden: Geschlecht, Behinderung, Ethnie etc. Selbiges steht für die menschliche Wahrnehmung noch aus. Doch auch in diesem Feld lassen sich anthropologische Gesetzmäßigkeiten hinterfragen. Empirisch fundiert unternehme ich in meiner Studie Hören als Praxis (Schulz 2018) einen Versuch der Neubestimmung. Resultat ist das Konzept des doing perception, das die deutende Haltung gegenüber der eigenen Sinnlichkeit als maßgeblich für das (hergestellte) Eigenleibliche Spüren ausweist.

Der Beitrag verhandelt meinen integrierten, dispositivanalytischen Forschungsansatz. Dieser bezieht Helmut Plessners philosophische Anthropologie (exzentrische Positionalität, Verkörperungsfunktion, Sinngebungsformen) ein und geht gleichzeitig über sie hinaus. Er öffnet sich über einen weit gefassten Wissensbegriff in Richtung des gegenwärtigen Medien-Alltags (seinem technologisch wie leiblich gebundenen Wissensbeständen). Auch die Halbdinge in Form menschlicher Stimmen (Hermann Schmitz) verkörpern kulturelle Wissensvorräte, wobei deren leiblich-affizierende Wirkung je nach situativer Aneignungspraxis variiert. Aktives Zuhören begreife ich schließlich als ein passives leibliches Handeln, das insoweit gelingt, wie sich die leibliche Gestimmtheit in die atmosphärische Stimmung (Gernot Böhme) eines akustischen Textes einschwingen kann.

Hörpraxen lassen sich – so die Ergebnisse meiner Studie – mit Walter Benjamin als ein Trainingsfeld begreifen und danach unterscheiden, wie sie sich aus den verschiedenen materiell-technologischen, diskursiv-symbolischen und affektiven Anteilen zusammensetzen. Während die eine Hörpraxis vom leiblichen Empfinden eines angenehmen Stimmklangs motiviert ist, wird eine andere Hörpraxis von einem gesellschaftlich vermachteten Körperwissen (bürgerlicher Schriftkultur und deren Körperfeindlichkeit) strukturiert, das diese Affizierung tendenziell verurteilt.

Cite this

Sinnliche Wahrnehmungsweisen technisch reproduzierter Stimmen: Zur Wechselwirkung von Materialitäten, Hörpraxen und eigenleiblichem Spüren. / Schulz, Miklas Thorben.
Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. ed. / Nicole Burzan. Vol. 39 Göttingen, 2019. p. 1-10.

Research output: Chapter in book/report/conference proceedingConference contributionResearch

Schulz, MT 2019, Sinnliche Wahrnehmungsweisen technisch reproduzierter Stimmen: Zur Wechselwirkung von Materialitäten, Hörpraxen und eigenleiblichem Spüren. in N Burzan (ed.), Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. vol. 39, Göttingen, pp. 1-10, Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018, Germany, 24 Sept 2018. <https://publikationen.soziologie.de/index.php/kongressband_2018/article/view/1089>
Schulz MT. Sinnliche Wahrnehmungsweisen technisch reproduzierter Stimmen: Zur Wechselwirkung von Materialitäten, Hörpraxen und eigenleiblichem Spüren. In Burzan N, editor, Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. Vol. 39. Göttingen. 2019. p. 1-10
Schulz, Miklas Thorben. / Sinnliche Wahrnehmungsweisen technisch reproduzierter Stimmen : Zur Wechselwirkung von Materialitäten, Hörpraxen und eigenleiblichem Spüren. Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen. editor / Nicole Burzan. Vol. 39 Göttingen, 2019. pp. 1-10
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editor = "Burzan, {Nicole }",
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note = "Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft f{\"u}r Soziologie in G{\"o}ttingen 2018 ; Conference date: 24-09-2018 Through 28-09-2018",

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TY - GEN

T1 - Sinnliche Wahrnehmungsweisen technisch reproduzierter Stimmen

T2 - Verhandlungen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Göttingen 2018

AU - Schulz, Miklas Thorben

PY - 2019/10/31

Y1 - 2019/10/31

N2 - Viele Gegenstände sind bereits von der praxistheoretischen Wende erfasst und durch neue Lesarten dekonstruiert worden: Geschlecht, Behinderung, Ethnie etc. Selbiges steht für die menschliche Wahrnehmung noch aus. Doch auch in diesem Feld lassen sich anthropologische Gesetzmäßigkeiten hinterfragen. Empirisch fundiert unternehme ich in meiner Studie Hören als Praxis (Schulz 2018) einen Versuch der Neubestimmung. Resultat ist das Konzept des doing perception, das die deutende Haltung gegenüber der eigenen Sinnlichkeit als maßgeblich für das (hergestellte) Eigenleibliche Spüren ausweist.Der Beitrag verhandelt meinen integrierten, dispositivanalytischen Forschungsansatz. Dieser bezieht Helmut Plessners philosophische Anthropologie (exzentrische Positionalität, Verkörperungsfunktion, Sinngebungsformen) ein und geht gleichzeitig über sie hinaus. Er öffnet sich über einen weit gefassten Wissensbegriff in Richtung des gegenwärtigen Medien-Alltags (seinem technologisch wie leiblich gebundenen Wissensbeständen). Auch die Halbdinge in Form menschlicher Stimmen (Hermann Schmitz) verkörpern kulturelle Wissensvorräte, wobei deren leiblich-affizierende Wirkung je nach situativer Aneignungspraxis variiert. Aktives Zuhören begreife ich schließlich als ein passives leibliches Handeln, das insoweit gelingt, wie sich die leibliche Gestimmtheit in die atmosphärische Stimmung (Gernot Böhme) eines akustischen Textes einschwingen kann.Hörpraxen lassen sich – so die Ergebnisse meiner Studie – mit Walter Benjamin als ein Trainingsfeld begreifen und danach unterscheiden, wie sie sich aus den verschiedenen materiell-technologischen, diskursiv-symbolischen und affektiven Anteilen zusammensetzen. Während die eine Hörpraxis vom leiblichen Empfinden eines angenehmen Stimmklangs motiviert ist, wird eine andere Hörpraxis von einem gesellschaftlich vermachteten Körperwissen (bürgerlicher Schriftkultur und deren Körperfeindlichkeit) strukturiert, das diese Affizierung tendenziell verurteilt.

AB - Viele Gegenstände sind bereits von der praxistheoretischen Wende erfasst und durch neue Lesarten dekonstruiert worden: Geschlecht, Behinderung, Ethnie etc. Selbiges steht für die menschliche Wahrnehmung noch aus. Doch auch in diesem Feld lassen sich anthropologische Gesetzmäßigkeiten hinterfragen. Empirisch fundiert unternehme ich in meiner Studie Hören als Praxis (Schulz 2018) einen Versuch der Neubestimmung. Resultat ist das Konzept des doing perception, das die deutende Haltung gegenüber der eigenen Sinnlichkeit als maßgeblich für das (hergestellte) Eigenleibliche Spüren ausweist.Der Beitrag verhandelt meinen integrierten, dispositivanalytischen Forschungsansatz. Dieser bezieht Helmut Plessners philosophische Anthropologie (exzentrische Positionalität, Verkörperungsfunktion, Sinngebungsformen) ein und geht gleichzeitig über sie hinaus. Er öffnet sich über einen weit gefassten Wissensbegriff in Richtung des gegenwärtigen Medien-Alltags (seinem technologisch wie leiblich gebundenen Wissensbeständen). Auch die Halbdinge in Form menschlicher Stimmen (Hermann Schmitz) verkörpern kulturelle Wissensvorräte, wobei deren leiblich-affizierende Wirkung je nach situativer Aneignungspraxis variiert. Aktives Zuhören begreife ich schließlich als ein passives leibliches Handeln, das insoweit gelingt, wie sich die leibliche Gestimmtheit in die atmosphärische Stimmung (Gernot Böhme) eines akustischen Textes einschwingen kann.Hörpraxen lassen sich – so die Ergebnisse meiner Studie – mit Walter Benjamin als ein Trainingsfeld begreifen und danach unterscheiden, wie sie sich aus den verschiedenen materiell-technologischen, diskursiv-symbolischen und affektiven Anteilen zusammensetzen. Während die eine Hörpraxis vom leiblichen Empfinden eines angenehmen Stimmklangs motiviert ist, wird eine andere Hörpraxis von einem gesellschaftlich vermachteten Körperwissen (bürgerlicher Schriftkultur und deren Körperfeindlichkeit) strukturiert, das diese Affizierung tendenziell verurteilt.

M3 - Aufsatz in Konferenzband

VL - 39

SP - 1

EP - 10

BT - Komplexe Dynamiken globaler und lokaler Entwicklungen

A2 - Burzan, Nicole

CY - Göttingen

Y2 - 24 September 2018 through 28 September 2018

ER -