Details
Originalsprache | Deutsch |
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Qualifikation | Doktor der Ingenieurwissenschaften |
Gradverleihende Hochschule | |
Betreut von |
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Förderer |
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Datum der Verleihung des Grades | 17 März 2023 |
Erscheinungsort | Hannover |
Publikationsstatus | Veröffentlicht - 2023 |
Abstract
Ziele für nachhaltige Entwicklung
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Hannover, 2023. 226 S.
Publikation: Qualifikations-/Studienabschlussarbeit › Dissertation
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TY - BOOK
T1 - Operativer Hochwasserschutz-Eignung, Einsatz und Leistungsfähigkeit von Sandsackersatzsystemen in praxisorientierten Versuchsreihen
AU - Massolle, Christopher
PY - 2023
Y1 - 2023
N2 - Extreme Hochwasserereignisse wie 2013 in Mitteleuropa oder 2017 im südlichen Niedersachsen zeigen, dass ein enormer materieller und personeller Aufwand für den Einsatz von Sandsacksystemen zur Verteidigung von bruchgefährdeten Deichlinien sowie zum Schutz von Lebensräumen und Objekten in tiefliegenden Gebieten gegen Überflutungen erforderlich sind. Der Aufbau erfordert zudem Zeit, die insbesondere bei Hochwasser nur sehr begrenzt zur Verfügung steht. So kommt es trotz aller Anstrengungen immer wieder zu Überflutungsschäden in Millionenhöhe, weil die erforderlichen Schutzmaßnahmen nicht in ausreichender Menge zeitgerecht vor Ort eingesetzt werden können. Mit der erwarteten Häufung von Extremwetterlagen infolge des Klimawandels ist zudem von einer zukünftigen Verschärfung des Problems auszugehen. Im operativen Hochwasserschutz können neben Sandsacksystemen auch sogenannte Sandsackersatzsysteme (SSES) Verwendung finden, wobei letztere um ein Vielfaches schneller sowie personal- und ressourcenschonender zu installieren und demontieren sind. Dementsprechend kann mit der Verwendung von SSES eine größere Strecke in kürzerer Zeit geschützt werden. Jedoch ist der Einsatz vieler verfügbarer Systeme wie wassergefüllte Schlauchsysteme oder einfache Klappsysteme strittig, und sie finden aufgrund des fehlenden Vertrauens in die Konstruktionen bzw. fehlender Zertifizierungsprogramme in Deutschland zumeist keine Verwendung. Auf nationaler Ebene existieren bisher keine und auf internationaler Ebene zwei Zertifizierungsprogramme für SSES, wobei letztere nur bedingt eine realitätsnahe Versuchsdurchführung wie Versuchsbewertung beinhalten. So werden die Versuche beispielsweise generell auf einem glatten und gereinigten Betonuntergrund durchgeführt, obwohl Systeme im operativen Hochwasserschutz auf vielfältigen Untergründen wie Rasen, Schotter und Pflastersteine, ggf. mit Geländesprüngen in Form von Bürgersteigen etc., eingesetzt werden. Zudem wird als maßgebendes und sehr streng gehaltenes Bewertungskriterium die Wasserdurchlässigkeit des zu testenden Systems herangezogen, was dazu führt, dass z. B. der im operativen Hochwasserschutz ausgesprochen bewährte Sandsackdamm nach beiden Zertifizierungsprogrammen keine Zertifizierung als mobiles Hochwasserschutzsystem erhalten würde. Zur Prüfung von Eignung, Einsatz und Funktionstauglichkeit von SSES für die Verteidigung von bruchgefährdeten Deichabschnitten und zum Schutz von tiefliegenden Gebieten unter praxisnahen Randbedingungen wurde eine speziell hierfür konzipierte Testanlage in Kooperation mit dem Ausbildungszentrum des Technischen Hilfswerks THW in Hoya errichtet. Die Anlage besteht aus einem 15 m langen und 3 m hohen, homogen aufgebauten und mit spezieller Sensorik ausgestatteten Deich sowie einem Einstaubereich, in dem Hochwasserereignisse beliebig oft simuliert werden können. An der Testanlage können Deichverteidigungssysteme, aufgebracht auf der Binnen- oder Außenböschung des Deichs, mit unterschiedlichen Wasserständen belastet und die Sickerlinienlagen im Deichkörper sowie die anfallenden Sickerwassermengen gemessen werden. Im Einstaubereich der Testanlage ist es möglich vollmobile linienförmige Hochwasserschutzsysteme, aufgestellt auf einem Rasenuntergrund, hinsichtlich der Parameter Auf- und Abbauzeit, Standsicherheit und Wasserdurchlässigkeit zu testen. Insgesamt wurden 14 SSES sowie vier Sandsackkonstruktionen als Referenzsysteme an der Testanlage auf Eignung, Einsatz und Funktionstauglichkeit im operativen Hochwasserschutz geprüft. Die Prüfungen zeigten, dass sämtliche SSES im Vergleich zu den Sandsackkonstruktionen in deutlich kürzerer Zeit und mit geringerem Personalaufwand errichtet sowie zurückgebaut werden konnten. Bei den drei untersuchten Deichverteidigungsmaßnahmen wurde jedoch festgestellt, dass eine wasserseitige Planenauflage auf der Deichböschung keine positive Auswirkung auf die Reduzierung der Sickerlinienlage aufweist und aus diesem Grund nicht für den Praxiseinsatz zu empfehlen ist. Die beiden anderen alternativen Deichschutzsysteme zeigten hingegen sehr positive Ergebnisse und eine Empfehlung für den praktischen Einsatz dieser SSES zur Erzielung eines effektiven und ressourcenschonenden Einsatzes vermehrt Eingang finden. Die Versuchsreihen mit den linienförmigen Schutzsysteme zeigten, dass unter Berücksichtigung der beiden bisher verfügbaren und international im Einsatz befindlichen Zertifizierungsprogramme insbesondere der bewährte und im operativen Hochwasserschutz üblicherweise eingesetzte Sandsackdamm sowie je nach betrachtetem Zertifizierungsprogramm vier bzw. acht SSES keine Zertifizierung wegen einer erhöhten, jedoch technisch beherrschbaren Wasserdurchlässigkeit trotz ausreichender Standsicherheit und positiver Bewertung der Handhabbarkeit erhalten hätten. Zudem konnten Erkenntnisse hinsichtlich der Standsicherheit von SSES auf einem weichen Untergrund gewonnen werden. Im Gegensatz zum Einsatz auf einem festen Untergrund wie Beton weisen insbesondere punktuell gelagerte Systeme auf einem weichen, durchfeuchteten Untergrund Defizite auf, so dass die Standsicherheit gemäß Herstellerangaben z. T. nicht eingehalten werden konnte. Unter Berücksichtigung der Testergebnisse kann dem überwiegenden Teil der untersuchten SSES eine gute Einsatzfähigkeit attestiert werden, fraglich ist jedoch, ob die beiden bisher im internationalen Raum verfügbaren Zertifizierungsprogramme eine Praxistauglichkeit aufweisen.
AB - Extreme Hochwasserereignisse wie 2013 in Mitteleuropa oder 2017 im südlichen Niedersachsen zeigen, dass ein enormer materieller und personeller Aufwand für den Einsatz von Sandsacksystemen zur Verteidigung von bruchgefährdeten Deichlinien sowie zum Schutz von Lebensräumen und Objekten in tiefliegenden Gebieten gegen Überflutungen erforderlich sind. Der Aufbau erfordert zudem Zeit, die insbesondere bei Hochwasser nur sehr begrenzt zur Verfügung steht. So kommt es trotz aller Anstrengungen immer wieder zu Überflutungsschäden in Millionenhöhe, weil die erforderlichen Schutzmaßnahmen nicht in ausreichender Menge zeitgerecht vor Ort eingesetzt werden können. Mit der erwarteten Häufung von Extremwetterlagen infolge des Klimawandels ist zudem von einer zukünftigen Verschärfung des Problems auszugehen. Im operativen Hochwasserschutz können neben Sandsacksystemen auch sogenannte Sandsackersatzsysteme (SSES) Verwendung finden, wobei letztere um ein Vielfaches schneller sowie personal- und ressourcenschonender zu installieren und demontieren sind. Dementsprechend kann mit der Verwendung von SSES eine größere Strecke in kürzerer Zeit geschützt werden. Jedoch ist der Einsatz vieler verfügbarer Systeme wie wassergefüllte Schlauchsysteme oder einfache Klappsysteme strittig, und sie finden aufgrund des fehlenden Vertrauens in die Konstruktionen bzw. fehlender Zertifizierungsprogramme in Deutschland zumeist keine Verwendung. Auf nationaler Ebene existieren bisher keine und auf internationaler Ebene zwei Zertifizierungsprogramme für SSES, wobei letztere nur bedingt eine realitätsnahe Versuchsdurchführung wie Versuchsbewertung beinhalten. So werden die Versuche beispielsweise generell auf einem glatten und gereinigten Betonuntergrund durchgeführt, obwohl Systeme im operativen Hochwasserschutz auf vielfältigen Untergründen wie Rasen, Schotter und Pflastersteine, ggf. mit Geländesprüngen in Form von Bürgersteigen etc., eingesetzt werden. Zudem wird als maßgebendes und sehr streng gehaltenes Bewertungskriterium die Wasserdurchlässigkeit des zu testenden Systems herangezogen, was dazu führt, dass z. B. der im operativen Hochwasserschutz ausgesprochen bewährte Sandsackdamm nach beiden Zertifizierungsprogrammen keine Zertifizierung als mobiles Hochwasserschutzsystem erhalten würde. Zur Prüfung von Eignung, Einsatz und Funktionstauglichkeit von SSES für die Verteidigung von bruchgefährdeten Deichabschnitten und zum Schutz von tiefliegenden Gebieten unter praxisnahen Randbedingungen wurde eine speziell hierfür konzipierte Testanlage in Kooperation mit dem Ausbildungszentrum des Technischen Hilfswerks THW in Hoya errichtet. Die Anlage besteht aus einem 15 m langen und 3 m hohen, homogen aufgebauten und mit spezieller Sensorik ausgestatteten Deich sowie einem Einstaubereich, in dem Hochwasserereignisse beliebig oft simuliert werden können. An der Testanlage können Deichverteidigungssysteme, aufgebracht auf der Binnen- oder Außenböschung des Deichs, mit unterschiedlichen Wasserständen belastet und die Sickerlinienlagen im Deichkörper sowie die anfallenden Sickerwassermengen gemessen werden. Im Einstaubereich der Testanlage ist es möglich vollmobile linienförmige Hochwasserschutzsysteme, aufgestellt auf einem Rasenuntergrund, hinsichtlich der Parameter Auf- und Abbauzeit, Standsicherheit und Wasserdurchlässigkeit zu testen. Insgesamt wurden 14 SSES sowie vier Sandsackkonstruktionen als Referenzsysteme an der Testanlage auf Eignung, Einsatz und Funktionstauglichkeit im operativen Hochwasserschutz geprüft. Die Prüfungen zeigten, dass sämtliche SSES im Vergleich zu den Sandsackkonstruktionen in deutlich kürzerer Zeit und mit geringerem Personalaufwand errichtet sowie zurückgebaut werden konnten. Bei den drei untersuchten Deichverteidigungsmaßnahmen wurde jedoch festgestellt, dass eine wasserseitige Planenauflage auf der Deichböschung keine positive Auswirkung auf die Reduzierung der Sickerlinienlage aufweist und aus diesem Grund nicht für den Praxiseinsatz zu empfehlen ist. Die beiden anderen alternativen Deichschutzsysteme zeigten hingegen sehr positive Ergebnisse und eine Empfehlung für den praktischen Einsatz dieser SSES zur Erzielung eines effektiven und ressourcenschonenden Einsatzes vermehrt Eingang finden. Die Versuchsreihen mit den linienförmigen Schutzsysteme zeigten, dass unter Berücksichtigung der beiden bisher verfügbaren und international im Einsatz befindlichen Zertifizierungsprogramme insbesondere der bewährte und im operativen Hochwasserschutz üblicherweise eingesetzte Sandsackdamm sowie je nach betrachtetem Zertifizierungsprogramm vier bzw. acht SSES keine Zertifizierung wegen einer erhöhten, jedoch technisch beherrschbaren Wasserdurchlässigkeit trotz ausreichender Standsicherheit und positiver Bewertung der Handhabbarkeit erhalten hätten. Zudem konnten Erkenntnisse hinsichtlich der Standsicherheit von SSES auf einem weichen Untergrund gewonnen werden. Im Gegensatz zum Einsatz auf einem festen Untergrund wie Beton weisen insbesondere punktuell gelagerte Systeme auf einem weichen, durchfeuchteten Untergrund Defizite auf, so dass die Standsicherheit gemäß Herstellerangaben z. T. nicht eingehalten werden konnte. Unter Berücksichtigung der Testergebnisse kann dem überwiegenden Teil der untersuchten SSES eine gute Einsatzfähigkeit attestiert werden, fraglich ist jedoch, ob die beiden bisher im internationalen Raum verfügbaren Zertifizierungsprogramme eine Praxistauglichkeit aufweisen.
U2 - 10.15488/14745
DO - 10.15488/14745
M3 - Dissertation
CY - Hannover
ER -