Details
Originalsprache | Deutsch |
---|---|
Qualifikation | Doctor rerum politicarum |
Gradverleihende Hochschule | |
Betreut von |
|
Datum der Verleihung des Grades | 20 Okt. 2020 |
Erscheinungsort | Hannover |
Publikationsstatus | Veröffentlicht - 2020 |
Abstract
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Hannover, 2020. 159 S.
Publikation: Qualifikations-/Studienabschlussarbeit › Dissertation
}
TY - BOOK
T1 - Die Integration der Patientenperspektive im Bereich seltener Erkrankungen aus Sicht der Gesundheitsökonomie
AU - Babac, Ana
N1 - Dissertation
PY - 2020
Y1 - 2020
N2 - Bemühungen zur Integration der Patientenperspektive im Gesundheitswesen haben in Anbetracht des Spannungsfeldes zwischen medizinischer Kompetenzhoheit und der Rolle des Betroffenen als Koproduzent seiner Gesundheit eine Vorgeschichte, die so alt erscheint, wie die Medizin selbst. Jüngst wird die Integration der Patientenperspektive in Deutschland dem Jahr 2003 zugeordnet, in dem zum ersten Mal Informations-, Aufklärungs- und Integrationspflichten gegenüber Patienten gesetzlich vorgegeben wurden. So unterstützt die politische Verankerung der Patientenintegration die Effektivität des Gesundheitssystems im Sinne einer patientenorientierten Versorgung. Der Begriff der seltenen Erkrankungen subsumiert eine Vielzahl an Erkrankungen. Ausschlaggebend ist hier das Kriterium der teils landesspezifisch definierten Prävalenz. In der Europäischen Union spricht man von einer seltenen Erkrankung ab weniger als fünf Betroffenen je 10.000 Einwohner. In Deutschland sind demnach circa vier Millionen Menschen betroffen. Diese leiden meist unter chronischen Leiden mit genetischem Ursprung und schwerwiegendem Verlauf, deren Symptome und alltägliche Herausforderungen je nach Subpopulation variieren. Aus diesen Gründen wurden politische Maßnahmen implementiert, wie beispielsweise der Deutsche Nationale Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen oder gesonderte Zulassungsverfahren für medizinische Interventionen, mit dem Ziel, der Unterdeckung wissenschaftlich belegter Versorgungsbedarfe entgegen zu wirken. Neue Versorgungsstrukturen bergen die Chance unter Berücksichtigung knapper Ressourcen eine besonders bedarfsgerechte Versorgung mit Hilfe der Integration der Patientenperspektive zu entwerfen. Gerade hier gilt es die Berücksichtigung der Patientenperspektive sowie die Verwendung angemessener Methoden wissenschaftlich zu begleiten und zu unterstützen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher, aktuelle Entwicklungen zu untersuchen und fundierte, praxisorientierte Methoden der direkten und systematischen Integration von Patientenperspektiven aus Sicht der Gesundheitsökonomie exemplarisch für den Bereich der seltenen Erkrankungen aufzuzeigen. Diese kumulative Doktorarbeit umfasst neun Module. Modul 1 zeigt zunächst aktuelle Entwicklungen und methodische Alternativen der Integration der Patientenperspektive anhand des frühen Nutzenbewertungsverfahrens bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen. Im Anschluss werden Potentiale der Anwendung verschiedener Methoden der direkten und systematischen Integration der Patientenperspektive aus Sicht der drei gesundheitsökonomischen Ebenen, Mikro-, Meso- und Makroebene, vertiefend dargestellt. So zeigt Modul 2 zunächst auf Mikroebene die Bedeutung verschiedener Informationszugangswege für Betroffene seltener Erkrankungen und dass als erste Anlaufstelle die Internetinformation genutzt wird. Hier wird deutlich, dass die Berücksichtigung des in Modul 3 aufgezeigten Qualitätskriterienkataloges zur Einschätzung der Informationsqualität bei dürftiger Informationsbasis im Kontext seltener Erkrankungen als besonders relevant einzustufen ist. Im folgenden Schritt tritt die Interaktion mit dem Arzt in den Vordergrund. Mit Hilfe des Konzeptes der partizipativen Entscheidungsfindung können die durch Betroffene gesammelten Informationen im Versorgungskontext miteinfließen (Modul 4). Auf Mesoebene erweist sich das Analytic Hierarchy Process Konzept als besonders geeignet, um patientengetragene, transparente Entscheidungen im Versorgungskontext zu integrieren (Modul 5, 7). Bei der Wahl des Verfahrens ist insbesondere die Schwere der Krankheitslast zu berücksichtigen, da bei einem chronischen und schwerwiegenden Verlauf der seltenen Erkrankung die Zumutbarkeit des Verfahrens relevant ist (Modul 6). Auf Makroebene bestätigt sich am Beispiel eines Informationstelefons zu seltenen Erkrankungen der Nutzen qualitativer Verfahren zur Integration der Patientenperspektive bei der Konzeptionierung neuer Versorgungsstrukturen (Modul 8). Modul 9 zeigt wie quantitative Präferenzmessmethoden und qualitative Methoden ineinandergreifen können, um innovative Versorgungsstrukturen nahe am Bedarf der Betroffenen zu etablieren. Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass bei der Integration der Patientenperspektive im Bereich der seltenen Erkrankungen gerade Patientenpräferenzen sowie die Patientenzufriedenheit bereits jetzt deutlicher Berücksichtigung finden könnten. Forschungsbemühungen können den politischen Verankerungsprozess weiter unterstützen. Bei der Zusammenfassung aufgezeigter Methoden als Teil von Methodenkatalogen gilt es, auch auf weitere Erhebungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteile zu achten sowie prävalenzabhängiger Empfehlungen für den sinnvollen und zielorientierten Einsatz im Bereich seltener Erkrankungen zu etablieren. Die indikationsübergreifende Aktualität der Thematik der Integration der Patientenperspektive zeigt sich bei der Entwicklung und Implementierung neuer Versorgungsstrukturen unter Berücksichtigung steigender Finanzierungsbedarfe unter der Prämisse konstanter Beitragssätze. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung und gesundheitsökonomischen Evaluation scheint es demnach von höchster Relevanz stets zu hinterfragen, ob die zielgerichtete Versorgungsstrukturausrichtung am Bedarf, der direkt am Patienten erhobenen wird, die Chance birgt, das Gesundheitssystem noch effizienter zu gestalten.
AB - Bemühungen zur Integration der Patientenperspektive im Gesundheitswesen haben in Anbetracht des Spannungsfeldes zwischen medizinischer Kompetenzhoheit und der Rolle des Betroffenen als Koproduzent seiner Gesundheit eine Vorgeschichte, die so alt erscheint, wie die Medizin selbst. Jüngst wird die Integration der Patientenperspektive in Deutschland dem Jahr 2003 zugeordnet, in dem zum ersten Mal Informations-, Aufklärungs- und Integrationspflichten gegenüber Patienten gesetzlich vorgegeben wurden. So unterstützt die politische Verankerung der Patientenintegration die Effektivität des Gesundheitssystems im Sinne einer patientenorientierten Versorgung. Der Begriff der seltenen Erkrankungen subsumiert eine Vielzahl an Erkrankungen. Ausschlaggebend ist hier das Kriterium der teils landesspezifisch definierten Prävalenz. In der Europäischen Union spricht man von einer seltenen Erkrankung ab weniger als fünf Betroffenen je 10.000 Einwohner. In Deutschland sind demnach circa vier Millionen Menschen betroffen. Diese leiden meist unter chronischen Leiden mit genetischem Ursprung und schwerwiegendem Verlauf, deren Symptome und alltägliche Herausforderungen je nach Subpopulation variieren. Aus diesen Gründen wurden politische Maßnahmen implementiert, wie beispielsweise der Deutsche Nationale Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen oder gesonderte Zulassungsverfahren für medizinische Interventionen, mit dem Ziel, der Unterdeckung wissenschaftlich belegter Versorgungsbedarfe entgegen zu wirken. Neue Versorgungsstrukturen bergen die Chance unter Berücksichtigung knapper Ressourcen eine besonders bedarfsgerechte Versorgung mit Hilfe der Integration der Patientenperspektive zu entwerfen. Gerade hier gilt es die Berücksichtigung der Patientenperspektive sowie die Verwendung angemessener Methoden wissenschaftlich zu begleiten und zu unterstützen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher, aktuelle Entwicklungen zu untersuchen und fundierte, praxisorientierte Methoden der direkten und systematischen Integration von Patientenperspektiven aus Sicht der Gesundheitsökonomie exemplarisch für den Bereich der seltenen Erkrankungen aufzuzeigen. Diese kumulative Doktorarbeit umfasst neun Module. Modul 1 zeigt zunächst aktuelle Entwicklungen und methodische Alternativen der Integration der Patientenperspektive anhand des frühen Nutzenbewertungsverfahrens bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen. Im Anschluss werden Potentiale der Anwendung verschiedener Methoden der direkten und systematischen Integration der Patientenperspektive aus Sicht der drei gesundheitsökonomischen Ebenen, Mikro-, Meso- und Makroebene, vertiefend dargestellt. So zeigt Modul 2 zunächst auf Mikroebene die Bedeutung verschiedener Informationszugangswege für Betroffene seltener Erkrankungen und dass als erste Anlaufstelle die Internetinformation genutzt wird. Hier wird deutlich, dass die Berücksichtigung des in Modul 3 aufgezeigten Qualitätskriterienkataloges zur Einschätzung der Informationsqualität bei dürftiger Informationsbasis im Kontext seltener Erkrankungen als besonders relevant einzustufen ist. Im folgenden Schritt tritt die Interaktion mit dem Arzt in den Vordergrund. Mit Hilfe des Konzeptes der partizipativen Entscheidungsfindung können die durch Betroffene gesammelten Informationen im Versorgungskontext miteinfließen (Modul 4). Auf Mesoebene erweist sich das Analytic Hierarchy Process Konzept als besonders geeignet, um patientengetragene, transparente Entscheidungen im Versorgungskontext zu integrieren (Modul 5, 7). Bei der Wahl des Verfahrens ist insbesondere die Schwere der Krankheitslast zu berücksichtigen, da bei einem chronischen und schwerwiegenden Verlauf der seltenen Erkrankung die Zumutbarkeit des Verfahrens relevant ist (Modul 6). Auf Makroebene bestätigt sich am Beispiel eines Informationstelefons zu seltenen Erkrankungen der Nutzen qualitativer Verfahren zur Integration der Patientenperspektive bei der Konzeptionierung neuer Versorgungsstrukturen (Modul 8). Modul 9 zeigt wie quantitative Präferenzmessmethoden und qualitative Methoden ineinandergreifen können, um innovative Versorgungsstrukturen nahe am Bedarf der Betroffenen zu etablieren. Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass bei der Integration der Patientenperspektive im Bereich der seltenen Erkrankungen gerade Patientenpräferenzen sowie die Patientenzufriedenheit bereits jetzt deutlicher Berücksichtigung finden könnten. Forschungsbemühungen können den politischen Verankerungsprozess weiter unterstützen. Bei der Zusammenfassung aufgezeigter Methoden als Teil von Methodenkatalogen gilt es, auch auf weitere Erhebungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteile zu achten sowie prävalenzabhängiger Empfehlungen für den sinnvollen und zielorientierten Einsatz im Bereich seltener Erkrankungen zu etablieren. Die indikationsübergreifende Aktualität der Thematik der Integration der Patientenperspektive zeigt sich bei der Entwicklung und Implementierung neuer Versorgungsstrukturen unter Berücksichtigung steigender Finanzierungsbedarfe unter der Prämisse konstanter Beitragssätze. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung und gesundheitsökonomischen Evaluation scheint es demnach von höchster Relevanz stets zu hinterfragen, ob die zielgerichtete Versorgungsstrukturausrichtung am Bedarf, der direkt am Patienten erhobenen wird, die Chance birgt, das Gesundheitssystem noch effizienter zu gestalten.
U2 - 10.15488/10209
DO - 10.15488/10209
M3 - Dissertation
CY - Hannover
ER -